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Dienstag, 15. Juli 2014

Post vom Sonnenuntergang

Über einen Monat schon bin ich zurück in Deutschland. Ich habe Ferien und bin momentan im Camping-Urlaub mit meiner Familie am Plauer See in Mecklenburg-Vorpommern und sitze hier und beobachte einen wundervollen Sonnenuntergang und dieses orange Licht, welches wie ein Schleier über dem Wasser liegt und, wie John Green in dem Buch Looking For Alaska so schön sagt, irgendwie alles schöner macht. (Habe gestern das Buch fertig gelesen... Rein zufällig...)
Nachdem ich so ein wundervolles Buch las und am nächsten Tag einer Schönheit, wie ein Sonnenuntergang an dem für mich schönsten Ort der Welt, hilflos ausgesetzt bin, kann ich mich, als Individuum, dessen, durch ein Online-Blog freigesetzte, neue Leidenschaft Schreiben ist, nicht beherrschen und sitze nun hier und schreibe drauf los, wo auch immer dies hier hinführt.

Was ist so passiert in der letzten Zeit? Nun, ja. Ich weigere mich auf Deutsch zu denken, was mich immer noch auf Englisch träumen lässt. Ich habe Fahrschule angefangen, die Weltmeisterschaft verfolgt, bin Arbeiten gegangen, um meinem späteren Praktikumsbetrieb unter die Arme zu greifen und mir ein Ticket in die USA zu verdienen, habe eine Beziehung mit meiner Baby-Nichte aufbauen können und konnte mit vielen Menschen reden. Dabei war ich komplett von den Socken, wie viele doch meinen Blog kannten, und allen, die das tun und meine Worte gern lesen, möchte ich Danke sagen, dass ich heute hier sitzen kann und schreiben kann, da ich weiß, dass da draußen welche sind, die sich freuen, wenn ich Poste und das macht mich glücklich. Danke!

Ich gewöhne mich mehr und mehr an mein Deutschland. Diese schöne Landschaft, diese teuren Getränke ohne Free-Refills, das gute Essen, die komplizierte Sprache, der andere Mode-Stil, Mülltrennung und so weiter.

Es ist komisch, sich vorzustellen, dass ich vor einem Jahr auch hier war und keine Ahnung hatte, was ich heute zu erzählen habe. Heute hatte ich ein Wylie-High-School-Shirt an und meine Mutter meinte, "Hättest du vor einem Jahr gewusst, dass du heute dieses T-Shirt trägst..." Ich kann mich noch daran erinnern, als ich auf Google Earth "High School" eingab und ich auf irgendeinen, der Punkte klickte, der auf dem Satellitenbild der USA erschienen, tausendfacher Anzahl, wie Sterne am Nachthimmel. Ich habe mir sicherlich einhundert Wikipedia-Artikel durchgelesen von verschiedensten High Schools. Green Lake High School. Kennedy High School. Spencer County High School, Key West High School. Und ich wusste einer dieser Punkte wird irgendwann mal einen der bedeutensten Orte meines Lebens markieren. Am Ende war es Wylie High School, Wylie, Collin County, Texas, USA. Es ist faszinierend und erschreckend, auf wie vielen Zufällen, dieses Jahr gebaut ist, wenn man sich für ein Austauschjahr bewirbt.

Zufall Nr. 1: Ich bin seit 2011 im Orchester der Musikschule des Landkreises Meißen.

Zufall Nr. 2: Eine Freundin aus dem Orchester und ich schreiben uns Heilig Abend 2012 Frohe Weihnachten und kommen ins Gespräch und sie erzählt mir von einem Jahr in Argentinien, dass sie absolvieren wird. Ich nehme mir vor dasselbe zu tun und erzähle meinen Eltern davon und bald ist die erste Bewerbung draußen.

Zufall Nr. 3: Erste Organisation hat keine Plätze mehr. Zwei weitere Plan-B-Organisationen müssen ran. Aber welche?

Zufall Nr. 4: Meine Tante ist Englischlehrerin und hat einen ehemaligen Schüler, der momentan in Florida ist. Sie gibt mir seinen Namen. Ich kontaktiere ihn auf Facebook. Seine Organisation: EUROVACANCES

Zufall Nr. 5: Werde von EUROVACANCES angenommen: Bewerbung für die Gastfamilie geht raus. Warten.

Zufall Nr. 6: Eine Koordinatorin der Organisation in Wylie, Texas sieht meine Bewebung und sucht nach einer Gastfamilie. Gefunden. Mindy und Paul Blanch, wohnen im Schuldistrikt von Wylie High School.

Währe einer dieser Zufalle anders gewesen, währe mein Jahr komplett anders gewesen. Quasi wie Los ziehen...



Ich denke jeden Tag an dieses Jahr zurück. Ich vermisse meine Freunde, meine Straße, meine Stadt, mein Texas und meine wundervolle Gastfamilie. Ich vermisse es in die Schule zu gehen, ich vermisse diesen gelben Schulbus, ich vermisse es englisch zu sprechen, ich vermisse das fettige Essen, Smalltalk, alles. Ich denke, ich bin einfach in einer Phase, in der ich nicht viel um die Ohren habe. Dort war mein Leben kunterbunt und erlebnisreich und Ferien sind zu entspannt. Ich freue mich auf Schule, auf Straßenbahn fahren, sogar auf Hausaufgaben.... Auf Ablenkung und die Überzeugung, dass ich die USA nicht mehr so haben kann, wie ich sie hatte.


Was Deutschland ausmacht

Ich sagte, ja ich wollte darüber schreiben, was mir so besonderes auffällt über Deutschland. Dies versuche ich mal witzig zu verpacken. 

Humor-Teststreifen: Was ist grau und kann nicht fliegen? Ein Parkplatz. (Hehe... Klassiker.)

Nummer 1: Mülltrennung

Als ich aus dem Flugzeug in den Flughafen Frankfurts eintrottete und ich mein Kaugummi entsorgen wollte, den ich während der Landung kaute, um den Luftdruck in den Ohren auszugleichen, schockierte mich, was mich da ansprang. Dieses Monster einer Mülltonne, welches mit Worten um sich warf, wie "Restmüll", "Papier", "Plastik" und "Glas". Ich muss zugeben, dass ich das vollkommen vergessen hatte. Deutschland trennt den Müll. Etwas, das jeder amerikanische Politiker durchsetzen will, aber keiner der restlichen Nation länger als einen Tag aushalten würde, was mir nach einem Jahr in den "Egal, welche Tonne, Müll ist Müll"-Staaten von Amerika gänzlich einleuchtet. Warum das Ganze? Damit den Pinguinen am Nordpol nicht das Eis unter den Füßen weg schmilzt und Amsterdam nicht zu Atlantis wird. Soweit die Theorie.

Nummer 2: Straßen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung

Etwas, wovon jeder Amerikaner träumt, aber nur wir in Deutschland und wenige Straßen des kleinen Insel-Staates Isle of Men in Großbritannien haben. Straßen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Zuerst ist mir das wieder bewusst geworden, als ich mit meinem Papa ins Vogtland gefahren bin. Dieses Kribbeln im Bauch, wenn mein Papa auf das Pedal steigt und es mich leicht in den Sitz drückt, ein Gefühl, an dass ich vorher gewöhnt war, doch nun bin ich jedes mal aufgeregt, wie so ein kleines Kind.

Nummer 3: Alkohol ab 16, Autofahren ab 18

Eine Regel, die ich nie kapieren werde. Zum Vergleich mal Amerika: Autofahren ab 16, Alkohol ab 21. In Deutschland lernt die Jugend erst saufen, dann Auto fahren. Wie es mich erst vom Hocker gerissen hatte, als meine sechzehn Jahre alten amerikanischen Freunde mir angeboten hatten, mich nach Hause zu fahren, so atemberaubend ist es nun, mir anzusehen, wie Menschen, noch ein Jahr jünger als ich, sich legal betrinken dürfen. Nicht, dass mich das aufregt, ich trinke ja auch gelegentlich mal, aber "Faszination Altersbegrenzung" verblüfft mich nach einer internationalen Hautnah-Begegnung.

Nummer 4: Schimpfwörter

Auch, wenn Hollywood und Videospiele das Gegenteil behaupten - in der Öffentlichkeit wird in den USA nicht geflucht. Wer das S-Wort benutzt wird angestarrt und gebeten sich zu entschuldigen. Etwas, dass ich nicht wusste und eine Falle, in die ich am Anfang selbst hilflos getappt bin. Man sagt nicht Dinge, wie, "sh*t, f*ck, God, hell" und auch nicht "damn". Unter Freunden muss man selbst wissen, was man sagen darf und was nicht. Sonst sind diese Wörter Tabu. Da jeder Deutsche sicherlich keinen Tag ohne ein Schmipfwort auskommt und sicherlich nicht einmal weiß, dass "Gott, Hölle" und "verdammt" überhaupt böse Wörter sind, ist mir dies sofort aufgefallen und muss unbedingt auf diese Liste. Allerdings gibt es für böse Wörter einen Code, den jeder Amerikaner benutzt und diese Codewörter sind ohne Ausnahme vollkommen erlaubt, egal, wo, wann, vor wem.

Shit (Scheiße) - Shoot, oder einfach "crap" (zu deutsch "Mist")
Damn (Verdammt) - Dang
What the hell?! (Was zur Hölle?!) - What the heck?!
Oh my God (Oh mein Gott) - Oh my gosh
"Fuck", und es tut mir weh, das Wort überhaupt auszuschreiben, hat kein wirkliches "Codewort", doch ich habe schon viele Dinge gehört, wie "fluff, fudge, farn, fish, fur". Leute, die fluchen wollen, sind kreativ.


Nummer 5: Getränke in Deutschland

In Texas ist es heiß und jedes Getränk ist grundsätzlich gekühlt. Warme Getränke sind ekelhaft. Hier sind gekühlte Getränke eine Seltenheit und nur in Restaurants Standard. Außerdem gibt es ein Gerücht in den USA, dass Europäer ein Gas in ihr Wasser tun, welches das Wasser sauer schmecken und aufsprudeln lässt. Die Rede ist von dem, was wir als Selters kennen. Das Normalste überhaupt in Deutschland und Gift für Amerikaner und auch ich kann da gar nicht ran. Die Übersetzung von Selterwasser ist soda in Englisch, doch das Wort dient mehr als das, was wir "Soft-Drinks" nennen, also von alles von Cola bis hin zu Brause. Da denken die Deutschen, sie wären cool und benutzen "Soft-Drinks" anstelle von "Erfrischungsgetränke" und eigentlich gibt's dafür wieder ein anderes Wort. Auch muss man hier für jedes Glas noch einmal bezahlen, wenn man im Restaurant sitzt und fast nie gibt's Eis dazu. In Amerika kriegt man IMMER Eis und wenn man schon zehn Gläser getrunken hat, füllt die Bedienung noch ein zehntes Mal nach. Man verlässt ein Restaurant nie mit leerem Glas. 

Nummer 6: Originalversionen und die deutschen Übersetzungen

Ich kenne ihre Stimmen, ich kenne ihre Akzente, ich kenne die Wortspiele, Witze, und andere Dinge, die man nur in der Originalversion richtig peilt und es tötet mich, wenn die Lippen nicht da tun, was der Wörter sagen. In Deutschland hat Stewie von Family Guy keinen britischen Akzent und Homer Simpson's Wortspiele sind in deutsch irgendein Quark und die Stimme von Sandy (Sandy kommt aus Texas!) in Spongebob ist dieselbe, wie die, von Rose in Two And A Half Men. Es ist verwirrend, doch irgendwie genieße ich es doch und sowieso gefällt mir deutsches TV um einiges besser als das amerikanische, doch Originalversionen werde ich für immer bevorzugen, egal, ob Film, Serie oder Buch.





Das war's für heute von mir. Ich setze diese Liste irgendwann fort. Bis dahin verabschiede ich mich mit der Wortgruppe, die in dem Buch Looking for Alaska die größte Bedeutung hatte (Das Buch wird mich gedanklich nie in Frieden lassen...):

"To be continued..."


Tschüß und Danke für's Lesen!

Bis bald

Der Texaner

-Johann




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