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Donnerstag, 5. Juni 2014

Tag #291 von 300 - Mein Erzfeind "Realität"

Hallo,
ich habe hier genau 9 Tage übrig, morgen wird das letzte mal sein, dass ich im Schulbus sitze. Ich verabschiede mich von Freunden, Lehrern, Menschen meines amerikanischen Alttags und es ist genauso, wie alle sagten: Das härteste, was ich jemals getan habe.
       Tränen, Umarmungen, Bilder und letzte Worte für ungewisse Zeit - für den Realisten in vielen Fällen eine Unendlichkeit. Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich diese Zeit genossen habe, wie viel ich mitgenommen habe: Positive Veränderungen auf meiner Seite und einen komplett neuen Blickwinkel auf die Welt, auf das Leben, auf die Individualität verschiedener Länder, auf Kultur, Religion, Wissen, Familie, Freunde, mein Heimatland Deutschland und das Heimatland meines Ichs, in irgendeinem Paralleluniversum, die Vereinigten Staaten von Amerika, speziell der Bundesstaat Texas, bei dem die meisten nur an Wüste und Kaktus denken... Ich spreche eine zweite Sprache fließend und mir stehen eine Menge Türen offen.
       Wie ich so schreibe, fällt mir auf, wie schwer es ist, positiv zu sein, denn im Moment, kann ich an nichts anderes denken, als Samstag nächste Woche, wenn ich dieses Land hinter mir lasse, samt all meinen Freunden, mein zweites zu Hause, meine zweite Familie - Mein Leben der letzten 10 Monate. Es bricht mir das Herz, jedes Mal, wenn ich etwas tue und ich mir etwas denke wie, "Das war das letzte Mal, dass ich durch diese Tür laufe.", oder ich Dinge irgendwo hinpacke, wo ich sie gleich zur Hand habe, wenn ich dann meine Koffer packe. Weinen ist seit einigen Nächten Teil des natürlichen Einschlafprozesses. Manche mögen denken, ich wäre weich, schwach, kein richtiger Mann, doch dann habt ihr sowas einfach noch nie erlebt. Es ist schwer. Schwerer, als alles andere, das ich jemals durchgemacht habe.
       Doch es fühlt sich so an, als ob das so ist, wie es sein sollte. Ich habe den Beweis, dass ich das Ziel, ein neues Leben aufzubauen, erreicht habe. Es ist ein Gefühl von Erfolg, das mir Stolz verleiht und mir Kraft gibt, für all das, was jetzt kommt.
       Mira fährt in vier Tagen mit ihren Eltern nach Kalifornien und dann bin ich noch 5 Tage zu Hause und danach geht's auch für mich nach Deutschland. Wahrscheinlich besuche ich Mira in Oslo im Herbst und sie wird eventuell in Deutschland sein, wenn ich im Februar nächsten Jahres meinen 18. Geburtstag feiere. Meine Gasteltern Mindy und Paul kommen nächstes Jahr auch nach Deutschland. Ich sehe diese Menschen also schon mal auf jeden Fall wieder. Darauf freue ich mich und es macht den Abschied um so vieles einfacher, so traurig, wie es doch ist. Ich werde all mein Geld sparen um auch hier irgendwann wieder durch die Strassen zu laufen und das Gefühl haben, als wäre es gestern gewesen, genauso, wie es in ein paar Tagen in Deutschland bei mit der Fall sein wird...
       Mir wird der Unterschied zwischen Geschichte und Zeit bewusst. Geschichte ist Daten, Zeitspannen, Dinge die jeder gleich sieht, den 7. Dezember 1941 hat für jeden die gleiche Bedeutung. Zeit ist ein Gefühl. Genauso wie Trauer, Freude, Wut und Frieden. Wie fühlst du dich, wenn du an den Sommer 2013 nachdenkst? Welche Erinnerungen strömen dir durch den Kopf? Zeit ist ein Gefühl, dass durch Ereignisse geformt wird und etwas ist, dass unser Kopf interpretiert. Was, wenn wir jede Minute den gleichen Herzrhythmus haben und je schneller das Herz schlägt, umso schneller vergeht die Zeit? Sehen Leute, die düster sind sind nicht älter aus und Menschen mit Lebensfreude jünger? Und wünschen wir uns nicht alle jung zu bleiben? Erinnerungen sind nicht Dinge, die passiert sind, es ist, an was wir uns davon noch erinnern. Es ist wie ein Traum, dessen Inhalt wir innerhalb 5 Minuten nach dem Aufwachen um 80 Prozent vergessen. (Wie man sieht, habe ich in der Psychology-Klasse aufgepasst.)
       Man sagt ein Austauschjahr ist etwas sehr faszinierendes. Ein Jahr in ein einem Leben und ein Leben in einem Jahr zugleich.


Während den letzten zwei Wochen waren auch meine Mama und mein Bruder da, wie ich ja schon angekündigt habe. Wir hatten so viel Spaß und es tat gut sie endlich wieder zu sehen und mit ihnen zu reden und ich über sämtliche Veränderungen zu Hause aufgeklärt wurde. Ich hatte am Anfang große Probleme mit meinem Deutsch. Ich konnte kaum Sätze bilden und habe Worte vergessen und hochdeutsch gesprochen. Ich habe etwas gebraucht, um in das Sächsisch rein zu kommen. Ich war jedenfalls immer heil froh, sobald, ich wieder englisch sprechen konnte.

Hier ein paar Bilder von den letzten zwei Wochenenden...


HOUSTON

 Skyline von Houston

 ....noch mehr Skyline


 ...mein Bruder Franz

 Meine Mama!

 Strand in Galveston, Texas. Sind dort für einen Tagesausflug hin gefahren.

...noch einmal Houston




SAN ANTONIO

 Blick aus dem Fenster

 Blick von der Hotel-Terasse

 Mein Mama nochmal...

Mindy und meine Mama in San Antonio

 Blick von der Terasse auf den berühmten San Antonio Riverwalk



Meine Hard Rock Cafe-Kollektion von Dallas, Houston, Denver, Linkin Park Limited Edition aus Honolulu, San Antonio, Hamburg, Las Vegas, noch mal Honolulu und Barcelona, 8 von 11 HRCs, in denen ich schon war. (Habe mir in London, Prag und Venedig nichts geholt...)



Paul, Mindy, Mira, mein Bruder, meine Mama und ich haben etwas gemacht, wofür Texas sehr bekannt ist. Wir sind zum Rodeo gegangen.... Yie-Ha! Hier geht's zum Video

Danke wie immer für's Lesen und dabei sein!

Bis bald und Howdy!

Der Texaner

-Johann