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Sonntag, 29. September 2013

Wie man in den USA Freunde macht...

Hallo ihr Lieben,
wieso ich so einen nahezu arroganten Post-Titel habe, möchte ich mal im Folgenden beschreiben. Vorher sei noch gesagt, dass ich eigentlich gerade absolut keine Zeit habe, an meinem Blog zu schreiben, weil ich selten so beschäftigt war, wie im Moment, was Hausaufgaben angeht. Also fühlt euch bitte mal geehrt.
    Also der heutige Post "Wie man in den USA Freunde macht..." beschäftigt sich unter mit dem in den USA sehr grob definierten Wort "Freunde". Wie schon gesagt, ist die USA (meiner Meinung nach mit Polen) das freundlichste Land, in dem ich jemals war, und ich bin schon ziemlich herum gekommen. Jedenfalls, und ich glaube, das kann mir jeder Austauschschüler bestätigen, passiert es täglich, dass dich Leute behandeln, als wären sie deine dicksten Kumpels, doch du selbst hast absolut keinen Leim, wer da vor dir steht und die noch größere Frage ist, woher sie deinen Namen kennen und wann und wie ihr euch kennengelernt habt. Alltag auf der High School. Doch noch peinlicher ist es, wenn ihr euch schon so lange bekumpelt, dass es noch viel dämlicher kommt, wenn man nach ein paar Wochen dann fragt, "So... What was your name again?" Wenn man neu ist, werden einem einfach so viele neue Menschen vorgestellt, dass man vor neuer Namen platzt und man sich am Ende sowieso keinen einzigen gemerkt hat. Solche Freunde oder "dicke Kumpels", wie ich sie heute mal nenne, habe ich hier überall und kann mich vor denen kaum retten. Im Schulbus, in allen meiner Klassen, auf dem Gang, in der Kirche und gestern sogar im Supermarkt. Tendenz steigend.

Getränke in den USA sind auch was Lustiges. Die Hauptgetränke hier sind Pepsi, Coke (Coca Cola), Dr. Pepper Cola, Cream Soda und Root Beer. Was in Cream Soda drin ist, weiß ich nicht. Es ist irgendwas mit Vanille und es schmeckt super. Root Beer ist kein echtes Bier, ist alkoholfrei und schmeckt wie Mundspülung mit Kohlensäure. Im Moment trinke ich gerade ein sonderbares blaues Zeug, dass die schmucke Aufschrift Frostie BLUE CREAM SODA trägt und eine Abbildung eines Weihnachtsmannes auf dem Etikett hat. An den Gedanken "Was trinke ich hier eigentlich?" muss man sich in den USA gewöhnen. Aber sind wir mal ehrlich: Kennt ihr irgendjemanden, der eine Ahnung hat woraus Cola gemacht wird? 
   Allerdings trinken die Amerikaner hier in Texas überwiegend und hauptsächlich Wasser. Die oben genannten Getränke sind dann die danach folgenden Favoriten.
   
Neulich waren wir im Kino und haben den Tanzfilm Battle of the Year gesehen. Ich werde jetzt nicht den ganzen Film erklären, aber am Ende sind bei einem Tanz-Battle vier Nationen im Finale. Natürlich die USA, Frankreich, Korea und überraschenderweise Deutschland! Im Film berichten dann Mtv-Reporter aus aller Welt über das Spektakel und urplötzlich im Film zu sehen: Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf oder besser bekannt als Joko und Klaas. Ich bin fast an die Decke gegangen und Indra und Johannes, die anderen zwei deutschen Austauschschüler, ebenfalls. Joko und Klaas waren dann noch ein paar mal zu sehen und haben uns schön auf deutsch erzählt, was denn da los geht, während die anderen Zuschauer im Saal nur Untertitel lesen durften. Deutschland wurde, wie bei jeder Weltmeisterschaft in letzter Zeit, Platz 3.

Wie ihr vielleicht aus so manchem Film kennt, haben die meisten High Schools ein eigenes Theater. So ist es auch bei uns. Demnächst muss ich mal ein Bild hochladen, denn der Theater-Saal meiner Schule ist gigantisch. Ich war 4 Jahre im Theater der Landesbühnen Sachsen und das Level der Professionalität des Theaters ist einfach unfassbar. Die ganzen Backstage-Sachen sind exakt, wie in einem echten Theater. Es ist tatsächlich kein Unterschied zwischen dem Schultheater und einem öffentlichen Theater zu erkennen.
    Wie auch immer hat die Schule jährlich ein Musical. Dieses Jahr ist es das Stück Hairspray, eines der bekanntesten und erfolgreichsten Musicals aller Zeiten, an der Reihe. Durch den School-Spirit ist Hairspray momentan nach Homecoming das größte Gesprächsthema an der Schule überhaupt. Der Knüller ist jedoch, dass die Hauptrolle des Stücks Alex, eine Freundin von mir, bekommen hat. Tatsächlich waren an der Schule Castings in Form von Auditions (kennt man aus Filmen wie High School Musical: "Danke. Der Nächste?")  für das Stück und die Hauptrolle war natürlich heiß begehrt.

Außerdem erlange ich Bekanntheitsstatus. Da ich im Jahrbuch-Club bin, war ich neulich bei einer Art Pressekonferenz des Schulbezirks, was mir einen Platz in der örtlichen Zeitung eingebracht hat. Meinen Namen haben sie zwar falsch geschrieben, aber das ist ja wohl das Wenigste.
Blöd ist irgendwie, dass die restlichen Jungs nicht auf dem Bild sind, außer Vic, der nur über dem Kopf, der Dame hervor grinst. Normalerweise sind wir 4 Jungs in der Yearbook-Klasse. Das wollte ich nur mal klar stellen.


Was jetzt kommt ist nichts für schwache Nerven und sollte ausschließlich im Sitzen gelesen werden: der Rekord, der dämlichsten Fragen, die mir gestellt wurden, wurde gebrochen. Als mich ein Junge fragte, aus welcher Stadt in Deutschland ich komme, meinte ein Mädchen, was er mit "Stadt in Deutschland" meine. Dann fragte sie mich doch tatsächlich, ob wir überhaupt Städte in Deutschland hätten. Sie dachte nämlich Städte gebe es nur in den USA. Ich habe erst einmal nach der versteckten Kamera gesucht und glaubt mir, hätte ich ein Fieberthermometer gehabt, hätte ich es ihr aus reiner Fürsorge erst einmal unter den Arm geklemmt. Sicher ist sicher. Als ich es mit dem Beispiel der Stadt Berlin versuchte, meinte sie (sie ist übrigens ein Jahr älter als ich), noch nie von dieser Stadt gehört zu haben. Dann habe ich sie gefragt, ob sie überhaupt eine Stadt außerhalb Amerikas kennt. Sie schüttelte betroffen hier Haupt. Ich habe ihr als Stichwort "Paris" gegeben. Stolz gab sie zum Besten, dass es ja das Land wäre, das aussieht wie ein Schuh. 
Hier mal die ungefähre Konversation auf englisch, weil es im Original immer am Besten ist: der Junge ist J, das Mädchen das M.

J: So... which city in Germany are you from?
M: City? In Germany? I thought we only have cities in the United States.
J und ich: What?!
M: I mean, I don't know... Do you have like... cities like this in Germany.
Ich: Do you think every house is seperate? Don't you know a single city outside of the US?
M: I just know a few in America.
Ich: What about Berlin?
M: Nope
J: Berlin is in Germany?
Ich: It is. So have you ever heard of Paris?
M: Yeah! That's this funny country that looks like a shoe!

An dieser Stelle möchte ich dann gerne abbrechen und noch einmal betonen, dass das tatsächlich wahr ist. Der Junge war übrigens genau so alt, wie das Mädchen und auch nicht der hellste Stern am Himmel. Er meinte, gehört zu haben, dass man blaue Augen haben muss um deutscher Staatsbürger zu sein oder zu werden. Als ich ihn fragte, was passiert, wenn ein deutsches Baby braune Augen hat, meinte er tatsächlich, dass man das ändern lassen kann. Das ist zwar wahr, man kann sich tatsächlich die Iris (für alle Nicht-Biologen: das farbige Gewebe im Auge, dass die Augenfarbe repräsentiert) tätowieren lassen, aber trotzdem ist diese Idee, dass Leute die Augen kleiner Babys blau tätowieren, wenn sie in Deutschland geboren werden, schon ziemlich schockierend, um es vorsichtig auszudrücken. Er fand das nur logisch. Aber ich genieße es, Fragen zu beantworten. Es ist auch nicht die Schuld der Kids hier; die Amerikaner beschäftigen sich in der Schule einfach nicht so viel mit Geografie und anderen Kulturen. Das Fach gibt es zwar, aber trotzdem nimmt das nicht gleich jeder. Ich quatsche gerne mit den Amerikanern und beantworte Fragen, damit wenigstens einige ein bisschen mitbekommen, was denn um Amerika herum so von Statten geht.

Am Mittwoch war ich bei meinem ersten Baseballspiel in Dallas. Es ist Major League, was bei uns vergleichbar mit 1. Bundesliega ist. Überraschung war, dass plötzlich 20 andere Austauschschüler auftauchten, die im Bereich Dallas, Texas platziert sind und zwei davon kannte ich sogar aus meinem Vorbereitungsseminar und wir haben alle so viel gequatscht, dass wir vom Spiel kaum etwas mitbekommen haben. Wir haben uns vorgenommen bald mal was zu unternehmen. Hier ein Bild von Hans (rechts), Hendrik (links) und mir. Wir drei waren zusammen im Seminar.


Und hier all die anderen...


Thema des wöchentlichen Verkleidens war Zoo. Die dämlichsten Kostüme sind durch die Schule gestolpert, mittendrin ich mit dem wohl hässlichsten Sweatshirt, das die Welt jemals zu Gesicht bekommen hat. Und das war auch der ursprüngliche Sinn des Sweaters. Einige Amerikaner machen zu Weihnachten einen "Ugly-Sweater-Contest". Sinn dieses Wettstreits ist auf einer Feier den hässlichsten Sweater zu tragen. Letztes Weihnachten hat mein Gastvater Paul haushoch mit dem Lappen gewonnen, den ich anziehen durfte. Ich war der König in der Schule. Sachen wie, "You, Sir, are awesome." oder "This is boss" haben Leute auf dem Gang zu mir gesagt. Und wieder wollten sich einige mit mir Fotografieren lassen. 
Hier von links Alodie, ich, Marisa (winzig aber 16 Jahre alt und fährt Auto) und dahinter Shingi der ein klassisches Beispiel für Foto-Bomb liefert.


Der Sweater hat ein halbes Plüschtier aufgenäht un hinten sogar einen Schwanz. Das Highlight ist die Mütze des Waschbärs, deren Bommel oben sogar blinkt.

So, jetzt hab ich's glaube ich geschafft. 

Danke für's Lesen! Ich hoffe es hat euch gefallen wieder etwas von mir zu hören und vielleicht sogar mit dem einem oder anderen Schmunzeln.

Bis bald,
Euer Texaner

-Johann