Translate

Sonntag, 27. Oktober 2013

Homecoming, Theater und der Haarschnitt meines Lebens...

Und da bin ich wieder!

Letzte Woche war Homecoming, einer der zwei großen Bälle des Schuljahres auf der High School. In Texas ist Homecoming allerdings anders, als in anderen Gegenden der USA. Was überall gleich ist, ist, dass man als Junge ein Mädchen zum Homecoming auf besondere Weise fragen muss. Ich habe das schon 3 Wochen vor Homecoming gemacht. Die Idee war allerdings nicht meine eigene, sondern die, einer Freundin. Wir sind zu Starbucks Coffee gefahren und haben uns da mit Naren, dem Mädchen, mit dem ich zu Homecoming gegangen bin, getroffen. Dann habe ich ein einen Drink bestellt und habe der Kassiererin gesagt, sie soll "Homecoming" drauf schreiben. Hat funktioniert, sie hat Ja gesagt! Ich wünschte allerdings, es wäre meine eigene Idee gewesen. Doch nun zu dem, was in Texas anders ist: Der Junge macht dem Mädchen eine so ganannte Mum und das Mädchen dem Jungen einen so genannten Garder. Die Mum ist für das Mädchen zum Umhängen und der Garder für den Jungen zum an den Arm Machen. Grob gesagt, ist der Garder eine Mini-Version der Mum. Beides ist allerdings unheimlich zeitaufwendig (wenn man es selbst macht) und sehr teuer.

Aussehen tut das folgendermaßen.


Es sieht natürlich erstmal komisch aus, aber diese Idee ist einfach super persönlich und etwas besonderes und hier sowieso etwas vollkommen normales. Der Homecoming-Tag hatte folgenden Ablauf: Erst sind alle normal zur Schule gegangen, dann gab's ein Football-Spiel, dass wir nebenbei gewonnen haben, und zum Schluss konnte man entweder einen Film beim Public-Viewing in der Cafeteria gucken oder zum Ball gehen. Nun, wer mich kennt, weiß, ich bin nicht so der Tänzer, also hab ich mit den anderen zusammen den Film gesehen. 


Außer mir sind ja, wie ich schon erwähnt habe, andere Austauschschüler in dieser Gegend. Unter anderem auch ein Mädchen aus Oslo, Norwegen. Mira, so heißt sie, hatte Probleme mit ihrer Gastfamilie und ist jetzt, vorerst temporär, bei uns eingezogen. Sie sitzt gerade neben mir und will wissen, was ich über sie schreibe. 

Mira ist das Mädchen in der Mitte.




Vor zweieinhalb Wochen sprach mich Mr. Kelley, mein Theater-Lehrer, an, ob ich mit der Main-Stage-Class (die Theater-Elite der Schule) in einem Stück mitspielen möchte. Das Problem war, dass ein Junge, für zwei von drei Vorstellungen, aus welchem Grund auch immer, nicht mitspielen durfte. Er hat mich also angesprochen und mir gesagt, dass ich eine Woche hätte, meine Zeilen zu lernen, falls ich mich entscheide das zu machen. Es war hart, aber ich hab's geschafft. Die Gruppe von zwölf anderen Kids war einfach super und wir sind in der kurzen Zeit fest zusammengewachsen. Ich habe quasi eine Woche in der Schule gelebt. Die erste Woche war noch normal mit Proben nach der Schule. Ich war dann um halb sieben zu Hause. Doch, wie gesagt, die letzte Woche war die Härte. Los ging's mit der einer Probe am Samstag von 10 bis 16 Uhr, dann ging es am Montag-Morgen um 6.00 Uhr morgens (in der Schule) weiter. Dann hatte ich 3 Stunden Probe bis um 9 die Schule anfing und nach der Schule wieder bis halb 6:30 Uhr abends. Der härteste Tag war Dienstag. Ich war wieder um 6 in der Schule, musste nicht in den Unterricht und kam um halb 9 aus der Schule raus, hatte also 14,5 Stunden Probe am Stück. Ich war selten so müde wie die letzten Tage. Wie auch immer, bin ich die letzten Tage dann immer zwischen um acht und halb 11 nach Hause gekommen. Gestern war der letzte Auftritt. 

Hier dann der Fotobeweis


Jetzt will ich die Frage, "Was, um alles in der Welt, ist der Haarschnitt meines Lebens?", beantworten. Es war gestern, als ich eigentlich einfach nur meine Haare schneiden lassen wollte. Mein Host Dad Paul hat mich zu einem Friseur-Salon gebracht. Dort kam mir alles schon ziemlich sportlich vor, was ja eigentlich ziemlich cool ist. Fernseher mit Football in allen Winkeln, somit man das Spiel, egal, wo im Salon man sich befindet, verfolgen kann. Nachdem ich mich auf die Liste geschrieben habe, hat mich nach ein paar Minütchen jemand aufgerufen. Eine junge Frau, Mitte 20,stellte sich mir vor und informierte mich darüber, dass sie, Jessica, mir heute die Haare schneidet. Neben Jessica gab es dort noch ca. 10 andere Damen in sämtlichen Altersklassen. Ich setzte mich auf den Stuhl auf den Jessica zeigte und dann sagte ich, ich wollte es einfach etwas kürzer, die Ohren frei und vorne ein paar Zentimeter weg. Dann schnibbelte sie drauf los und fragte mich, ob es mein erstes Mal bei SportsClips (jenem Friseursalon) wäre. Als ich dies bestätigte, gab mir Jessica plötzlich die Preisliste. Haarschnitt - $17 und dann kann man noch die Haare waschen lassen und eine Gesichts-, sowie Rücken-Massage bekommen. Dann, murmelte sie etwas, wie, "Weil's dein erstes Mal hier ist kriegst du alles zusammen für $17."  Als sie mit meinen Haaren fertig war, schickte sie mich in den nächsten Raum, wo sie mich an so ein Haar-Waschbecken setzte. Als ich mich zurück lehnte, schwang mir Jessica plötzlich ein heißes Handtuch übers Gesicht, fing an mir mein Gesicht zu kneten und der Massage-Sessel vibrierte vor sich hin, während Jessica mir die Haare wusch. Ich hatte keine Ahnung, was los war, aber es tat unheimlich gut. Mit gewaschenen Haaren (ich wasche mir die Haare täglich, aber Jessica ist auf Nummer sicher gegangen) und revitalisiertem Gesicht, wurde ich zurück in den ersten Raum geschickt, dann hat mir Jessica die Haare geföhnt und mir tatsächlich den Rücken noch einmal massiert. Da ich weiß, dass ich diesen Haarschnitt nie wieder für diesen Preis von $17 bekomme, war das, ohne jeden Zweifel, der Haarschnitt meines Lebens, denn eigentlich wollte ich mir einfach nur die Haare schneiden lassen. 


Ganz nebenbei ist heute der Geburtstag meiner Mama in Deutschland. Ich hab dich lieb Mama! 

Das war's erstmal von mir. 
Bis zum nächsten Mal! 
Bis bald

Der Texaner

-Johann


Sonntag, 13. Oktober 2013

Mit Chris Brown aufm Rummel

Hallo ihr Lieben,
nach einer Woche Pause melde ich mich wieder, voller Gedanken bezüglich der letzten 14 Tage und ich habe so viel zu erzählen, dass ich einfach mal drauf los schreiben muss.

Zuerst sei mal gesagt, dass ich jetzt schon zwei Monate hier bin, das heißt, noch viermal so lang und ich bin schon wieder weg von hier. Die Leute hier fragen mich ständig, ob ich meine Heimat vermisse und um ehrlich zu sein, ist die Frage schon ein wenig schwierig. Natürlich vermisse ich es ein wenig, aber ich hab kein Heimweh oder so. Ich habe zu lange hierauf gewartet, um Heimweh zu haben und ich habe es einfach geschafft, die Grundsteine für eine komplett neue Heimat zu legen und ein neues Leben aufzubauen. Ich bin und bleibe einfach glücklich.

Der vorletzte Montag (zur Orientierung, das ist der Tag, an dem der letzte Post online ging) war ziemlich erfolgreich. Als ich im letzten Post sagte, dass ich ziemlich beschäftigt bin, habe ich gerade an einem Aufsatz für das Fach English gesessen. Ich musste ein Gedicht analysieren. Von Aufsätzen in Deutschland bin ich gewöhnt, dass man da zwei Seiten voll schreibt. Ich habe mit Schriftgröße 12 knapp anderthalb Seiten geschrieben (1055 Wörter). Vorgabe war ein Einleitungs-Paragraph, zwei Hauptabsätze und ein Schluss- oder Zusammenfassungs-Paragraph. Ich hatte einen Absatz mehr, weil es eine der wichtigsten Noten für das Fach war. Als ich in der Schule meine Arbeit präsentierte, hatten alle anderen gerade mal Aufsätze mit um die 100 Wörter. Alle staunten über meine Arbeit und fragten, was ich denn da alles rein geschrieben hätte. Meine Lehrerin hat fünf Klassen mit jeweils um die 25 Schüler. Alle mussten diesen Aufsatz machen. Vier Schüler davon hatten auf ihre Aufsätze eine 100, also volle Punktzahl, und ich war tatsächlich einer davon. Das war irgendwie der größte Erfolg in der High School bisher. 

Vor kurzem hatten wir eine Art Stadtfest. Das Verblüffende war, dass überall kostenloses Essen und Trinken war. Die Leute drängelten es einem quasi auf. Ich war zwei Minuten da und hatte einen halben Liter frisch gepresste Limonade in der einen Hand, ein Hot Dog in der anderen und eine Tüte Popcorn unterm Arm. Alles kostenlos. Ich fand das so klasse, dass ich das fotografieren musste. Hier also ein Bild von den Kübeln voller kostenloser Hotdogs, eingepackt in Alufolie.


Dann waren da überall Stände, wo Leute der Stadt irgendwas präsentiert haben. Der, der mich am meisten überrascht hat der der Police. Bilder sprechen für sich. Merke: das war ein Familienfest!


Sturmgewehr und Granatenwerfer.

Scharfschützengewehr.

Halloween steht vor der Tür und wie die Amerikaner das feiern ist unglaublich. Vor allem, was das Dekorieren angeht. Manche Vorgärten sind wie Friedhöfe gestaltet, überall stehen Kürbisse und auch meine Gasteltern stellen ihr Haus auf den Kopf. Unsere Türklingel spielt nun die fünfte Symphonie von Beethoven und riesen Spinnen und Eulen zieren Wände und Schränke. Was auch zu Halloween  gehört, ist, was hier boo'ing genannt wird und es ist die beste Art von Kettennachrichten (und ich hasse sowas, wie den Tod) überhaupt. Man nimmt Süßigkeiten, Cookies oder was auch immer, packt die in kleine Beutel und hängt die an zwei Briefe. Der eine sagt "We have been boo'ed", der andere erklärt, dass man den ersten Brief an die Haustür hängen soll, damit alle sehen, dass man verar***t wurden ist und der andere erklärt, wie boo'ing funktioniert. Die Regeln sind, wenn man boo'ed ist muss man das bei mindestens zwei anderen machen. Wir wurden schon zweimal geboo'ed und gehen heute Abend die zweite boo'ing-Tour an. Natürlich habe ich bei der ersten Tour daran gedacht, eine Video zu machen, also habe ich meiner Gastmom gesagt, sie soll mich filmen. Ich liebe dieses Video. Guckt's euch einfach an.


Das genialste ist jedoch, wenn die, die so einen Streich machen, nicht wissen, dass man Überwachungskameras am Haus hat und man sich dann vor Lachen kugelt, weil man denjenigen beim Wegrennen zusieht.

Und jetzt erkläre ich den Titel des Post. Letzten Montag waren wir auf der State Fair. Jeder Bundesstaat hier hat das, aber der in Texas ist legendär. Es ist ein riesiger, vollkommen überteuerter Rummel oder Jahrmarkt oder was auch immer. Zwischen den ganzen Buden, wo Leute versuchen, Ringe auf Flaschenhälse zu werfen und Zielscheiben abzuschießen, (übrigens mit echten Gewehren, Texas und so...) um danach riesige Plüsch-Minions nach Hause zu nehmen, bildet sich plötzlich eine riesige Menschenmenge, die sich in ein und dieselbe Richtung bewegt. Mädchen kreischen, Jungs gröhlen, andere Teenager heulen lauthals und verzweifelt. Mittendrin Cody, Indra und ich und wir hatten keinen Plan, was da los ist. Doch ich beschloss mich ins Getümmel zu stürzen. Plötzlich kommt ein Junge mit Coupons (quasi die Währung auf dem Rummel, die man gegen Dollar kauft und an den Ständen einlöst) auf mich zu und schreit mir ins Gesicht, dass er die soeben von Chris Brown erhalten hätte. Als ich ich fragte "Chris Brown?!", sagt er, "Yeah, dude, that rapper guy who beats up his girlfriend!" (Ja, Alter, der Rapper-Typ, der seine Freundin (gemeint ist Rihanna) verprügelt!)
Natürlich wusste ich, wer Chris Brown ist, aber wie er mir das erzählt hat, fand ich göttlich, darum habe ich das hier rein geschrieben. Ich drängelte mich also da durch und hüpfte dabei mit langem Hals herum und plötzlich sehe ich tatsächlich diese breit grinsende Weltberühmtheit mit zehn Bodyguards durch den Rummel laufen. Ein Mädchen hielt mich plötzlich am Arm und fragte, ob ich weiß, was los ist. Als ich ihr sagte, dass Chris Brown da ist, zeigte sie mir den Vogel und ließ mich los. Ich drängelte mich weiter durch und als ich mich umsah, stand Chris Brown drei Meter weg von mir. Ich wollte ein Bild, machen und entschloss mich stattdessen gleich zu filmen. Drei Minuten lang drängelte ich mich weiter, bis Chris Brown zwei Meter von mir weg war und hielt ihm mein Handy ins Gesicht, dann filmte ich wieder mich mit Chris Brown als Hintergrund. Polizisten schubsten mich weg, doch ich blieb hartnäckig. Drei Minuten lang hatte ich also immer wieder mein Handy im Gesicht von Chris Brown und schrie dann wieder "This is me and Chris Brown!!" In mein Handy und wiederholte diesen Vorgang einige Male. Dann schrien die Police-Officer plötzlich "Stop" und Chris Brown verschwand hinter einer Absperrung. Stolz wie selten zuvor, sah ich auf mein Handy. Doch was jetzt kommt, werde ich mir nie verzeihen. Ich habe vergessen, auf den kleinen roten Punkt auf dem Bildschirm zu drücken, der die tolle Funktion "Aufnahme" repräsentiert. Ich bin kein Chris Brown-Fan aber wenn man die Möglichkeit hat ein Video mit einer der berühmtesten Persönlichkeiten der Welt zu haben und das vermasselt, glaubt mir, das ist doof. Ich setzte mich frustriert auf den Boden, zu den ganzen heulenden Teenagern und dem Mädchen, dass mir fünf Minuten zuvor einen Vogel gezeigt hat, nun am Straßenrand sitzt und sich ihre Schminke von ihrem roten Gesicht wischt und heult, wie ein Schlosshund. 

Den größten Schritt, den ich gegangen bin, ist, dass ich einen neuen Facebook-Account für Amerika habe um den Kontakt nach Deutschland radikal zu reduzieren und auch mein Whatsapp ist gelöscht (kennt hier in Texas sowieso keiner). 

Das war's schon wieder...

Und jetzt entschuldigt mich, wir haben noch Cookies zu backen und Leute zu boo'en.

Danke für's Lesen.

Ich hab 2000 Aufrufe pro Monat... Wahnsinn... 

Bis bald.

Der Texaner

-Johann